Hugo WOLF in Perchtoldsdorf
"Über ein Jahrhundert galt der Komponist Hugo Wolf als
kauziger Außenseiter", schrieb das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"
im Jänner 2003 in einer ausführlichen Würdigung. Und nun, zum 100. Todestag,
"feiert der Konzertbetrieb den früh vollendeten Troubadour als zweiten Schubert".
Dass ihm so lange nach seinem Tod im Irrenhaus jene Anerkennung zuteil wurde,
die ihm seiner Ansicht nach schon Zeit seines Lebens zugestanden wäre, hätte
sich der sprunghafte, schwierige, doch hoch begabte Wolf vermutlich nicht
träumen lassen.
Kaum ein Liedprogramm kam 2003 ohne Wolf aus: Star-Bariton Thomas Hampson veranstaltete am 4. August in Salzburg sogar einen "Hugo Wolf-Marathon". Mit dabei Angelika Kirchschlager, Barbara Bonney, Michael Schade und Georg Zeppenfeld.
Aber auch Wien feierte seinen "wilden Wolf": Anne Sofie von Otter und Olaf Bär gaben im Februar zwei Konzerte im Musikverein. Angelika Kirchschlagers umjubelter Liederabend am 3. April im Wiener Konzerthaus riss die Kritik zu Beifallsstürmen hin, und Thomas Hampson hatte sich am 4. Mai mit Hugo Wolf sogar in den Großen Saal des Wiener Konzerthauses gewagt.
Nach wie vor wenig bekannt ist die Tatsache, dass Hugo Wolf
in Perchtoldsdorf die nötige Ruhe und Atmosphäre für sein Schaffen fand: Mit
den Werken, die er bei seinem ersten Aufenthalt 1888 hier schuf, gelang ihm
schließlich der künstlerische Durchbruch.
Hugo WOLF in Perchtoldsdorf
"Über ein Jahrhundert galt der Komponist Hugo Wolf als
kauziger Außenseiter", schrieb das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"
im Jänner 2003 in einer ausführlichen Würdigung. Und nun, zum 100. Todestag,
"feiert der Konzertbetrieb den früh vollendeten Troubadour als zweiten Schubert".
Dass ihm so lange nach seinem Tod im Irrenhaus jene Anerkennung zuteil wurde,
die ihm seiner Ansicht nach schon Zeit seines Lebens zugestanden wäre, hätte
sich der sprunghafte, schwierige, doch hoch begabte Wolf vermutlich nicht
träumen lassen.
Kaum ein Liedprogramm kam 2003 ohne Wolf aus: Star-Bariton Thomas Hampson veranstaltete am 4. August in Salzburg sogar einen "Hugo Wolf-Marathon". Mit dabei Angelika Kirchschlager, Barbara Bonney, Michael Schade und Georg Zeppenfeld.
Aber auch Wien feierte seinen "wilden Wolf": Anne Sofie von Otter und Olaf Bär gaben im Februar zwei Konzerte im Musikverein. Angelika Kirchschlagers umjubelter Liederabend am 3. April im Wiener Konzerthaus riss die Kritik zu Beifallsstürmen hin, und Thomas Hampson hatte sich am 4. Mai mit Hugo Wolf sogar in den Großen Saal des Wiener Konzerthauses gewagt.
Nach wie vor wenig bekannt ist die Tatsache, dass Hugo Wolf
in Perchtoldsdorf die nötige Ruhe und Atmosphäre für sein Schaffen fand: Mit
den Werken, die er bei seinem ersten Aufenthalt 1888 hier schuf, gelang ihm
schließlich der künstlerische Durchbruch.
Hugo Wolf, geboren am 13. März 1860 in Windischgraz,
heute Slovenj Gradec, rund 25 Kilometer von der österreichischen Grenze
entfernt, war das vierte von acht Kindern mit steirisch-slowenisch-italienischen
Wurzeln. Das Elternhaus ist streng, aber sehr musikalisch, Hugo Wolf selbst
ein schwieriger Schüler, der seine Gymnasialstudien in Graz beginnt,
in Laibach fortsetzt und dann abbricht, um mit 15
nach Wien ans Konservatorium zu gehen. Dort wird er unter anderem Jahrgangskollege
von Gustav Mahler, hat seine Opernerlebnisse und Wagner-Epiphanien, bricht
die allzu wertkonservativen Studien wieder ab, treibt sich herum, unterrichtet
und korrepetiert, beginnt ernsthaft zu komponieren, wird immer wieder von
Freunden und Gönnern aufgefangen, infiziert sich am luetischen Infekt,
welcher in eine progressive Paralyse übergehen wird, an der er dann mit
43 Jahren nach mehrjährigem Aufenthalt im Irrenhaus elendiglich zugrunde
gehen wird.
Er scheitert bei dem Versuch, sich eine bürgerliche Existenz selbständig
aufzubauen - wie seine kurze Tätigkeit als scharfzüngiger Kritiker
des "Wiener Salonblatts" und sein Kürzestengagement als Kapellmeister
am Salzburger Landestheater zeigen.
Alles ist kurzfristig in seinem Leben."Wo und wann er länger bleibt,
wird für ihn aber lebensbestimmend. Ein paar Familien aus Wien und Wien-Umgebung
und mit Residenzen vor allem im Salzkammergut sind durch Wolf musikhistorisch
von Bedeutung geworden, so die Werners in Perchtoldsdorf, die Ecksteins in
Unterach oder Lipperheides in Brixlegg. Die Hofjuweliersfamilie Köchert
nimmt allerdings den Sonderplatz in Hugo Wolfs Leben ein, Melanie Köchert
wird zu seinem vielleicht bestimmenden Lebensmenschen" (Otto Brusatti
im "Presse"-Spectrum am 15. Februar 2003).
Über den Wiener Rechtsanwalt Joseph Reitzes, der Wolf im Sommer 1880
in sein Mayerlinger Haus einlud, bekam Wolf Zugang zur Familie des Wiener
Börsensensals Hugo Werner. Mitzi Werner, die Tochter, hatte es Wolf angetan.
Mit ihr musizierte er häufig und studierte sogar die Rolle der Susanne
aus Mozarts "Figaro" ein.
Im Herbst des Jahres 1887 stand Wolf wieder einmal vor der Frage eines neuen
Domizils. Schließlich entschied er sich für das gastfreundliche
Haus der Werners in Perchtoldsdorf (Brunner Gasse 26), wo er am 27. Jänner
eintraf und gleich seine letzte Heinrich Heine-Vertonung schrieb: "Wo
wird einst".
Wolf bezeichnet sie treffend als "Vorspiel" zu seinem Meisterwerk,
den Mörike-Liedern, die wenig später aus ihm geradezu "heraussprudeln":
Vom 16. Februar bis 18. Mai komponierte er nicht weniger als 43 Lieder nach
Texten von Eduard Mörike. Bis zum 26. Oktober hatte er alle 53 Mörike-Lieder
fertig - dazwischen lagen Aufenthalte bei Freunden in der Steiermark, in Kärnten,
Bayreuth, am Attersee und bei den Köcherts in Wien.
Bereits Ende April 1889 kam er wieder nach Perchtoldsdorf, vollendete hier
sein Chor-Orchesteropus "Christnacht" und instrumentierte einige
Mörike- und Goethe-Lieder.
In Perchtoldsdorf sollten bei weiteren Aufenthalten bis zum Frühjahr 1896 noch das "Spanische Liederbuch", der zweite Teil des "Italienischen Liederbuches" und Teile seiner Oper "Der Corregidor" (Uraufführung in Mannheim 1896) entstehen.
Die Familie Werner, die Hugo Wolf seit dem Jahre 1880 kannte,
stellte ihm ihren Sommersitz in Perchtoldsdorf dann zur Verfügung, wenn
sie ihn nicht für sich beanspruchte. Die Gärtnersleute und auch
die Bedienerin "Pepi" bemühten sich hier, Wolf das Leben zu
erleichtern. Das Haus war nur schlecht beheizbar und verfügte über
kein Fließwasser. Als Beleuchtung diente eine spärliche Petroleumlampe.
Trotz dieser primitiven Verhältnisse zog es Wolf regelmäßig
hierher, denn hier fand er die Ruhe und Abgeschiedenheit, die er für
das Komponieren brauchte. So schrieb er noch am 7. April 1897 an Heinrich
Werner: "Obgleich ich erst seit einer Stunde hier verweile habe ich doch
schon eine Menge herrlicher Eindrücke von dem lieben Perchtoldsdorf empfangen.
Ein unbeschreibliches Wohlgefühl durchströmt mein ganzes Wesen ...".
Wolfs Tagesablauf war streng geregelt: Frühes Aufstehen - kaltes Bad
im "Kautschukschaff" - Kaffee und Zigarette - Kurzer Spaziergang-
Komponieren - Mittagessen im Gasthaus "Zum schwarzen Adler" (heute
Gasthaus Schindler, Marktplatz 21) - wieder daheim: Kaffee und Zigarette -
Komponieren - karges Abendessen (kaltes Fleisch und eine Flasche Bier) - Lesen
oder Briefe schreiben. Besuche waren während der Woche unerwünscht.
An den Sonntagen lud er Freunde ein und spielte ihnen die neu komponierten
Werke vor. Hernach vergnügte man sich bei einer Kegelpartie oder wanderte
auf den Hochberg.
Ein modernes Museum bietet Einblick in Wolfs Perchtoldsdorfer Zeit
Im Jahre 1973 wurde im Wernerschen Haus in der Brunner Gasse 26 ein erstes
Hugo Wolf-Museum eingerichtet, nachdem Dr. Otto Werner, der Enkel von Heinrich
und Marie Werner, das Haus und Teile seiner Wolf-Sammlung der Marktgemeinde
Perchtoldsdorf übergeben hatte. Hier kam noch einmal die hochherzige
Gesinnung
gegenüber Hugo Wolf zum Tragen, die bereits seine Großeltern und
seinen Vater Heinrich ausgezeichnet hat.
Im Zentrum des Museums liegt der Raum, in welchem Hugo Wolf gearbeitet hat.
Die Einrichtung, Hugo Wolfs Flügel und sein Schaukelstuhl spiegeln heute
noch die Atmosphäre wider, die auch der Komponist erlebt hat. Die übrigen
Schauräume dokumentieren Wolfs Beziehung zu Perchtoldsdorf, zu diesem
Haus und dessen Bewohnern sowie zu den Werken Wolfs, die hier entstanden sind.
Die Musikerpersönlichkeit wird durch Dokumente, Modelle und persönliche
Gegenstände vorgestellt werden, ein Lese- und ein Hörplatz sind
ebenfalls vorgesehen.
Filme und Datenbanken setzen weitere Schwerpunkte und sollen der Vertiefung
des Edutainment-Erlebnisses dienen. Außerdem wird im Internet eine Homepage
(www.hugowolfhaus.at) eingerichtet, über die man biografische Daten,
das komplette Werkverzeichnis und Bilddokumente etc. abrufen kann.
Das wissenschaftliche Konzept für die Neuaufstellung des Museums stammt
von Univ.-Prof. Mag. Leopold Spitzer, Ordinarius für Gesang an der Hochschule
für Musik in Wien und Präsident der Internationalen Hugo Wolf-Gesellschaft
Wien und Herausgeber der neuen Hugo Wolf-Gesamtausgabe. Mit der Planung und
museumstechnischen Gestaltung wurde Architekt Dipl.-Ing. Martin Promintzer
beauftragt. An dem Projekt beteiligen sich Bund und Land Niederösterreich
mit finanzieller Unterstützung.
Erst mit der Hinwendung zum "Rollengedicht" gelang es ihm, seine
eigene Handschrift zu finden. Die Lieder sind nicht mehr überschrieben
mit Frühling oder Traurige Wege, sondern mit Der Tambour, Die Zigeunerin
oder Gutmann und Gutweib. Dazu gesellen sich Gedichte, die nur noch vom Du
und Ich handeln, durchwegs noch überhöht gezeichnet bis zum "Spanischen
Liederbuch". Im "Italienischen Liederbuch" wird dann dieses
Ich und Du realistischer und menschlicher.
Mit der Hinwendung zum Rollengedicht änderte sich auch der musikalische
Stil und das kompositorische Vorgehen. Nicht mehr eine "hübsche"
Melodie ist der Ansatz für eine Komposition, sondern ein plastisches
musikalisches Motiv, gewonnen aus der Dichtung, welches den Klavierpart bestimmt.
Dieser "begleitet" nun nicht mehr den Gesang, sondern kommentiert
ihn. Die Singstimme geht dem Sinn des Wortes nach und übernimmt den Tonfall
des Gedichtes in allen erdenklichen Abstufungen vom Flüstern bis zur
lyrischen Kantilene. Durch die motivische Verknüpfung von Klavier- und
Gesangspart entsteht ein musikalisch komplexes Gebilde. Wolf wurde damit zum
Wegbereiter des "modernen" Kunstliedes.